einfach leben

Tot. Der Sohn Gottes ist tot. Die Glocken läuten nicht mehr. Sie verstummen ja bereits am Gründonnerstag nach dem Gloria der Abendmahlsfeier. Nach altem Volksglauben fliegen nun die Glocken nach Rom, erst in der Osternacht kehren sie zurück. Aus Trauer über den Tod Jesu ist alles still. Und da kommen jetzt diese Kinder mit ihren eigentümlichen Geräten und lachen. Es ist Karfreitag, und die Kinder lachen. Trauern sollten sie. Aber nein, kichernd und schwatzend werden sie nun ihre Ratschen nehmen und Krach machen. Am Karfreitag und am Karsamstag klappern die hölzernen Ratschen. Deren ratternder Ton wird erzeugt, indemmehrere Hämmer durch die Nocken einer Kurbel angehoben werden und auf einen Resonanzkasten knallen. Einst schlugen die Gläubigen mit Stöcken und Steinen gegen die Kirchenbänke, um den Verräter Judas zu erschrecken. Ich schaue sie an. Ich bin da. Ich, ihr Gott. Ich schaue die Menschen an, die Straßen an den Kartagen. Manche Menschen schweigen und eilen zur Kirche. Manche telefonieren, es gibt auch welche, die geschäftig zur Eisdiele eilen oder mit dem Auto um die Kurve rasen. Sie trauern nicht. Ich bin ihr Gott. Ob sie es wissen oder nicht. Ich bin traurig, wenn Menschen mich vergessen. Aber die Kinder, die in ihren Ministrantenkleidern, die machen mich froh. Die lärmen mit den Ratschen und lachen. Sie trauern nicht. Sie sind froh, lebensfroh. Vor ihnen wird der Verräter Judas in seiner Verzweiflung fliehen. Denn wie kann Sünde das Lachen lieben, wie kann der Tod dunkel über das Land fallen, wenn Kinder fröhlich sind!? Nein, ich bin kein beleidigter Gott, weil an Karfreitag, an meinem Todestag, Kinderlachen zu hören ist. Kinder, die froh sind, beleidigen mich nicht. Kinder, die lachen, sind wie das Leben. Ich bin kein beleidigter Gott. Ich bin ein Gott des Lachens, ein Gott des Lebens, Lebens, Lebens… 11

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