Spiritualität für die Gegenwart

Getriebensein von Sorgen, Emotionen und Ängsten zu entkommen, sucht in der Leere auch eine neue Freiheit. Nicht selten ist mit der auf diese Weise regelmäßig einge- haltenen und -geübten Stille und der damit verbundenen Beobachtung des Atems – bewusst oder unbewusst – die Hoffnung auf eine Art Erleuchtungserfahrung verbun- den. Die bei Pallotti gemeinte Kontemplation hat aller- dings eine andere Bedeutungsnuance: Sie ist die Suche nach einer Beziehung zu der letzten tragenden Wirklich- keit und deren Erfüllung. Diese letzte Wirklichkeit, die- sen Gott, sieht Pallotti im anderen, und deshalb sucht er den anderen, will mit Menschen sein und von jedem hö- ren und lernen, so formuliert er es einmal. Der Andere – ein Bild Gottes So anders und widerständig Menschen füreinander in der Erfahrung des Zusammenlebens auch sein mögen, die Begegnung mit jeder und jedem Einzelnen vermit- telt etwas von Gott. Nichts Anderes sagt die biblische Metapher von der Gottebenbildlichkeit des Menschen aus. Nicht in erster Linie dort, wo man im anderen Ähn- lichkeiten mit sich selbst bemerkt, ist diese andere Di- mension spürbar, sondern gerade dort, wo er anders ist als man selbst. Diese Andersheit verweist auf den einen ganz Anderen , auf Gott, denn Gott ist als der Schöpfer – bei aller Ähnlichkeit, die das Geschöpf mit ihm hat – grundlegend anders als die von ihm ins Leben gerufene Schöpfung. 100

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