Spiritualität für die Gegenwart

Mein Gott, meine unendliche, unnennbare, unbegreifli­ che Liebe! Es ist also Glaubenswahrheit, dass meine Seele nach deinem Bild und Gleichnis erschaffen ist. Sie ist nicht ein Bild auf Leinwand gemalt, noch ein Bild aus Holz, Stein oder Metall, sondern ein in sich selbst beste­ hendes, lebendiges, vernünftiges, geistiges Wesen. Das, was von Natur aus ihr unterscheidendes Merkmal ist und ihr wahres, wirkliches Wesen ausmacht und grundlegt, ist das Geschöpfsein, das, in sich selbst bestehend, dich, o meinen Gott, darstellt. Es stellt dich ganz dar in deinem Wesen, in den göttlichen Personen und in allen deinen göttlichen Eigenschaften und Vollkommenheiten. O, mein Gott! Du bist ewig, unendlich, unermesslich, unbegreiflich! Also ist es Glaubenswahrheit, dass meine Seele als dein lebendiges Abbild auch ein lebendiges Bild des Ewigen ist, des Unendlichen, Unermesslichen und Unbegreiflichen. 11 Das Wesentliche des lebendigen Bildes ist, dass es in sich selbst steht – vernunftbegabt und geistig. Das bedeutet, es ist frei; die Lebendigkeit meint in diesem Sinn nichts Anderes als Freiheit. Frei sein Eine eigenartige Spannung, einerseits Abbild zu sein und deshalb die Identität von woanders her zu beziehen, von einer Wirklichkeit, die man nicht selber ist, die man sicht- bar macht und darstellt, und andererseits zugleich frei zu 11 Vinzenz PALLOTTI, Gott, die unendliche Liebe , S. 80. 64

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