Spiritualität für die Gegenwart

Rom geht, schüttet es in Strömen. Auf dem letzten Stück schließlich seufzt sein Begleiter auf, und es entfährt ihm der Ausruf: „Was für schlechtes Wetter!“ Pallotti miss- fällt diese Bemerkung. Er weist den anderen hart zurecht und belehrt ihn darüber, dass alles, was Gott uns zuge- dacht hat, nicht verdient, ‚schlecht‘ genannt zu werden, im Gegenteil, unsere Dankbarkeit erwecken soll. Mitten auf der Straße im heftigsten Regen bleibt Pallotti stehen und – Paul de Geslin erzählt es als heiter-tiefsinnige Er- innerung über eine Erfahrung mit seinem Lehrer – erläu- tert ihm, das hinter all den Regentropfen Gottes Sorge für die Menschen steckt: Gewiss, es regnet, mein Sohn. Haben Sie aber bedacht, dass jeder dieser Regentropfen vom Allmächtigen mit unendlicher Weisheit erschaffen worden ist, zu unserem Nutzen und zu unserem Wohl? Welcher gelehrte Chemi­ ker könnte aus dem Nichts diese tropfenden Perlen, diese Diamanten hervorbringen, die uns der Herr in so groß­ artiger Fülle herunterschüttet…? 9 Die Episode ist keine Belehrung darüber, über das Wet- ter oder andere Unannehmlichkeiten nicht zu lamentie- ren, auch keine naive Erklärung der Entstehung des Re- gens. Es steckt eine hintergründige Weisheit christlichen Lebens darin, die besagt: Es geschieht nichts, wofür wir nicht letztlich auch in irgendeiner Weise danken kön- nen, eine Sichtweise, die erst auf dem Lebensweg und nicht selten schmerzlich zu lernen ist. Danken kann der 9 Paul de Geslin, Vinzenz Pallotti. Mit den Augen eines Zeitgenossen, Friedberg/Augsburg 1973, S. 80. 55

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