Spiritualität für die Gegenwart

Diese dramatische Spannung ist auch im Blick auf das Leben der Menschen leicht feststellbar: Das sich im- mer noch dramatisch beschleunigende Bevölkerungs- wachstum einerseits und der entwürdigende Umgang mit Menschen durch Terror, Menschenhandel, moderne Sklaverei, Ausbeutung, Krieg, Ausgrenzung oder Ver- nachlässigung andererseits – um nur einige Stichworte zur Not der Welt zu nennen – lassen empfinden, dass vie- les in Politik und Wirtschaft, aber auch im alltäglichen Zusammenleben der dem Menschen innewohnende Würde widerspricht. So wird schmerzlich erfahrbar, dass all dies dem Menschen nicht gerecht wird, ja, seine Inte- grität auf das Schlimmste verletzt und verdunkelt. Es taucht eine Ahnung von etwas anderem auf, ein Verlan- gen nach einer besseren Welt. Nennen wir es „die Sehn- sucht nach der verlorenen Heiligkeit“. Und es stellt sich die Frage: Erinnern wir uns an die Heiligkeit der Schöp- fung nicht vor allem durch die Erfahrung ihrer vermeint- lichen Abwesenheit und Leugnung? Woher kommt diese Erinnerung, was liegt ihr zugrunde? Ist die Welt wirklich heilig? Was ist es, das unsere Hoffnung weckt? Heilig, weil Gott heilig ist Christen bringen dieses Empfinden von Heiligkeit mit Gott in Beziehung, weil sie darauf vertrauen, dass hinter allen Zufälligkeiten und Gesetzmäßigkeiten der Evolu- tion, in all dem Wunderbaren der Welt und des Lebens, aber auch hinter allem Schmerz und Leid ein letzter ret- tender befreiender Sinn zu finden ist, ein Schöpfer, der selbst heilig ist. Deshalb bringt uns die Welt mit Gott in 35

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