Reformation - damals und heute

84 ökumenisches Miteinander der verschiedenen Kirchen. Oder harrt es einer ganz anderen Interpretation und Aktualisierung? Zum römisch-katholischen Selbstverständnis im 19. Jahrhundert Welche Wirkungsgeschichte hatte das Bild von der einen Herde und dem Hirten in der Kirchengeschichte? – Ein kurzer Blick in die Ge- schichte und ihre Rückwirkungen auf das kirchliche Selbstverständnis: Nach dem Konzil von Trient (1545-1563), das aus seinem Bemühen um kirchliche Erneuerung an der Basis zur Stärkung der Gegenrefor- mation kirchliches Leben nachhaltig prägte und noch bis in die Gegen- wart hinein streckenweise prägt, war es zu einer zunehmenden Konfes- sionalisierung der römisch-katholischen Kirche gekommen. 5 Das Anlie- gen einer Reform an Haupt und Gliedern, das wohl gleichermaßen der Bewegung der Reformation wie jener der Gegenreformation zugerech- net werden darf, gelang im Prozess der nachreformatorischen Ausei- nandersetzungen kaum. Der gegenseitige Ausschluss und die Bestre- bung, sich radikal abzugrenzen, blieben prägend für inhaltliche Wei- chenstellungen und Akzentsetzungen. Die Angst vor einem neuen Konziliarismus bewirkte eine übertriebene Betonung der Rolle des Papstes, was schließlich zur völligen Verzerrung, ja sogar Entstellung kirchlichen Selbstverständnisses führte. 6 Als Leo X. im Zusammenhang mit dem 5. Laterankonzil (1512-1516) die Bulle Pastor aeternus gregem veröffentlicht hatte, hatte er versucht, mit ihren Aussagen die päpstliche Autorität als über allen Konzilien stehend festzuschreiben. Damit setzte sich endgültig eine radikale Engführung der Ekklesiologie durch. Eine weitere Spur dieser Entwicklung findet sich bei Cajetan (Thomaso de Vio), dem Ordensgeneral der Predigerbrüder (1469-1534). Er hatte mit dem Denkinstrumentarium der Scholastik den päpstlichen Monarchia- nismus gefördert. Für ihn war der Papst nicht nur das alleinige Haupt des mystischen Leibes Christi, sondern auch der alleinige Hirte, dem 5 Vgl. für diesen Abschnitt W. Dantine, Das Dogma im tridentinischen Katholizis- mus, in: Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte Band 2, Göttingen 1998, S. 411-497, bes. S. 411-419. H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd IV, Freiburg i.Br. 1985. O. H. Pesch, Das Zweite Vatikanische Konzil. Vorgeschichte – Verlauf – Ergebnisse – Wirkungsgeschichte , Würzburg 3 2011, S. 132-138. 6 Vgl. Y. Congar in: Handbuch der Dogmengeschichte III, Fasc 3d, S. 145.

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