Aus der Sammlung in die Sendung

13 Verunsichert – und überrascht Die Pallotti-Kirche ist sehr einfach gestaltet. Der Raum ist nüchtern, zweckmäßig. Und er verun- sichert zunächst. Denn von außen erwartet man einen Kirchenraum aus den 1950er Jahren. Drin- nen wirkt er aber ganz anders. Wo ist vorn, wo hinten? Wie ist die Gebetsrichtung? Wohin geht mein Gruß, meine Kniebeuge? All die Verunsiche- rung, die der Glaube im 21. Jahrhunderts durch- lebt, wird hier gleichsam aufgegriffen oder gar ver- stärkt, zumindest wiedergespiegelt. In der Tat hat das Auge des von der Bilderflut modernen Lebens geprägten Menschen hier zunächst kaum etwas, an dem es sich festmachen kann. Es fehlen fast gänzlich die Glaubens- und Gottesbilder der Kir- chengeschichte. „Wohin soll ich mich wenden?“, fragt die berühmte Schubert-Messe. Darauf gibt die Pallotti-Kirche zunächst keine Antwort. Keine Farbe schmückt der Kirchenraum; er ist sehr hell, ist weiß. Die dunkle Holzdecke ist geblieben, ein Element aus den 1950er Jahren. Ansonsten gestal- tet sich der Raum in einer „Sakralität der Leere“ (Friedhelm Mennekes SJ), der nicht vorgibt, wie man sich Gott oder den Himmel vorzustellen hat. Die vielen Gottesbilder, die teils bedrückend, teils beglückend die Seele des Menschen froh machen oder ängstigen oder die er heute kaum mehr ver- steht, kommen hier nicht vor. Nicht der barocke alte Mann mit weißem Bart, nicht der gute Hir- te oder der Richter, kein Engel mit dem Schwert. Reduktion heißt das Stichwort, das den Raum gut umschreibt. Weniger ist Mehr. Die Leere ist nicht ein Nicht-Wissen oder ein bitteres Stumm-sein; sie ist wie eine offene Schale, die bereit ist, aufzuneh- men; sie ist wie ein weißes Blatt, auf dem sich eine neue Skizze entwickeln darf, vielleicht sogar ein neues Bild. Der helle Raum lädt ein ohne ein „so sollst du glauben“, eher „hier kannst Du glauben“. Hier darf der einzelne auch seine eigene Leere zugeben, die zuweilen schmerzlich sein mag. Denn hier ist der Ort, der Sehnsucht zulässt und ernst nimmt und mitten in der Leere Antworten gibt im Lauschen nach Innen, im Hören auf Wort Gottes. Denn die Pallotti-Kirche lässt den einzelnen nicht allein; sie ist angelegt auf Gemeinschaft; das Ich im Mitei- nander der vielen erlebt ein Wir. Hier feiert, hier vergewissert die Gottesdienst-Gemeinde ihren Glauben.

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