Atem holen und weggehen können

Pallottiner verabschieden sich nach 110 Jahren aus dem Paulusheim

Nach knapp 110 Jahren haben sich die Pallottiner beim Schul- uns Hausfest von ihrem Paulusheim in Bruchsal verabschiedet. Beim großen Festgottesdienst in der Stadtkirche warf Pallottiner-Provinzial Pater Markus Hau den Blick aber vor allem nach vorne in die Zukunft und bekannte: „Man muss auch gehen dürfen.“

Eine große Anzahl von Festgästen war gekommen, um mit den Pallottinern Abschied zu feiern: Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia, Petzold-Schick, ihr Erster Bürgermeister Andreas Glaser, der Freiburger Domkapitular Dr. Peter Kohl, Bruchsals Dekan Lukas Glocker, der Direktor der Schule OStD Markus Zepp, aber auch viele Pallottiner, die einst Lehrer, Direktoren oder Schüler am Paulusheim gewesen waren, sowie der Interimsrektor von Bruchsal Pater Christoph Lentz gaben sich ein Stelldichein.

Während Konzelebranten und die große Schar an Schülern als Ministrantinnen und Ministranten den Altar umringten, kreiste die Predigt von Provinzial Pater Markus Hau um zwei Pole. Nämlich: Wo findet der Mensch seinen Ort der Ruhe? Und: Darf man weggehen? Anhand des Evangeliums, in dem Jesus seine Jünger einlädt auszuruhen, um dann doch wieder weiter zu hetzen, betonte der Provinzial, dass es einen festen Ort der Ruhe nicht gebe. Nur im Zwischendrin, im Übergang, gebe es kurze Momente des Atemholens, mittendrin im Leben also. Und so sei auch das Paulusheim kein Ort der Ruhe gewesen, auch wenn es wie eine Burg aussehe, sondern immer auch ein Ort des Aufbruchs, von dem aus Mitbrüder nach Südamerika aufgebrochen sind und von dem Impulse in die Provinz ausgingen.

„Wir wagen es wegzugehen“

Und so würden die Pallottiner auch jetzt ihrem Impuls und ihrer Berufung folgen und aus dem Paulusheim ausziehen, um ihren Weg weiterzugehen. „Darf man das: weggehen?“, fragte Pater Hau und antwortete: „Wir wagen es wegzugehen.“ Es sei eine große Übung, „nicht am Bleiben zu kleben“. Pater Hau legte nach: „Verrät man sein Erbe, wenn man weggeht?“ Und er versicherte: Das Gegenteil sei der Fall. Es sei ihre Berufung, so die der Apostel Paulus die Berufung spürte, die Gemeinde in Ephesus zu verlassen und weiterzuziehen.

Der Provinzial betonte, man dürfe nicht der Logik des Bleibens, sondern der Logik der Gnade folgen. „Gott ruft, das ist etwas Wunderbares, in den Aufbruch und zum Sprung in eine neue Wirklichkeit.“ Die Pallottiner wagten es nun, sich zu konzentrieren auf die geringer werdenden Kräfte und wagten den Sprung nach Afrika, wo die Pallottiner wachsen.

Der Provinzial verwies auch darauf, dass jede und jeder gerufen sei, Apostel und Apostelin zu sein. Und auch wenn die Pallottiner weggingen, so blieben die Wurzeln im Boden zurück, wie Hilde Domin in einem Gedicht sagt. Und diese Wurzel laute: „Wir stehen fest in Ihm.“ Er wisse auch, sagte Pater Hau, dass es umso schwerer falle zu gehen, je älter man werde. Daher bat er mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler: „Gebt uns etwas von eurer Zukunftshoffnung.“

Die Grußworte

In ihrem Grußwort würdigte Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick die Verdienste der Pallottiner und hob hervor, dass ihr Weggang für die Stadt Bruchsal nach 110 Jahren schon eine Zäsur darstelle. Denn auch die Zivilgesellschaft habe „vom Sauerteig der Pallottiner profitiert“. Die Patres hätten viele Menschen geprägt, die heute in ihrem Geist in der Region tätig seien. Die Gottesdienste und die besondere Art pastoraler Nähe werden in Bruchsal in Erinnerung bleiben. Auch das Paulusheim als Gebäude, die Burg, habe das Stadtbild geprägt. Und sie hoffe nun, dass die Pallottiner auch mithelfen, dass ihre Wurzeln in Bruchsal bleiben.

Auch Domkapitular Dr. Peter Kohl blickte auf die 110 Jahre des Wirkens der Pallottiner in Bruchsal zurück. Er betonte, dass damit nicht nur der Schuldienst verbunden gewesen sei, sondern auch zahlreiche Vertretungen in der Region, Seelsorgegespräche und Beichten. „Das Paulusheim hat in Bruchsal einen guten Klang“, fasste der Bischofsvikar für Gemeinschaften und Personen des geweihten Lebens, Geistliche Gemeinschaften und Bewegungen zusammen. „Sie haben gesät, möge die Saat aufgehen“, meinte er.

Passend dazu verlieh Elternbeiratsvorsitzende Carmen Rodrigues dem Pastoral-Team der Schule den Pallotti-Preis für ihr Engagement. Und Schulleiter Markus Zepp betonte, dass rund 900 Menschen in der Schule täglich diese christlichen Werte brauchten. Heute sei es aber an der Zeit ein rauschendes Fest zu feiern. Und mit Blick auf das Wetter, das ursprünglich Gewitter verheißen hatte, meinte er: Es sei wie oft im Leben: „Man hat Angst, Zukunftssorgen und am Ende scheint die Sonne.

Bericht & Bilder: Alexander Schweda

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