Pater Fridolin Bleuel SAC wird 95 Jahre alt
Aktenzeichen XY ungelöst - Pallottiner löst Fall

XY-Fall gelöst

Wer erinnert sich nicht an Pfarrer Braun, die Krimiserie mit Ottfried Fischer in der Hauptrolle. Ein Seelsorger, der ein Verbrechen vermutet und fern aller Verbote ermittelt, um es mit göttlicher Eingebung auf kuriose Art und Weise aufzuklären. Was in Filmen aus erfundenen literarischen Kurzgeschichten nachgestellt wird, kann sich auch schon mal in der Wirklichkeit abspielen. Diese Erfahrung hat Pater Fridolin Bleuel gemacht, der heute im Missionshaus der Pallottiner seinen 95. Geburtstag feiert.

In der langen Zeit als Seelsorger im Limburger St. Vincenz-Krankenhaus wurde er einmal zum Chefermittler, der kein Erbarmen mit einem Patienten hatte, der ihm erzählte, während einer Autofahrt plötzlich Blut erbrochen zu haben. Sein Beifahrer habe sich sodann mit seinen persönlichen Papieren in unbekannte Richtung entfernt. Drei Tage lang war der Mann als Privatpatient von Medizinern auf Herz und Nieren untersucht worden, die ihn schließlich ohne entsprechenden Befund entließen.

Doch nur wenige Tage später hatte Pater Bleuel besagten Patienten wiedererkannt, als dieser in der ZDF-Fernsehsendung „XY ungelöst“ wegen einer schweren Straftat von der Polizei gesucht wurde. Der Seelsorger konnte in diesem Fall helfen, gab den Fahndern den entscheidenden Tipp, des betrügerischen Kranken habhaft zu werden, von dem sich herausstellte, dass er inzwischen mit der gleichen Masche in einem anderen Krankenhaus untergetaucht war.

Pater Bleuel feiert 95. Geburtstag
Bürgermeister Dr. Marius Hahn gratulierte im Missionshaus Pater Fridolin Bleuel zum 95. Geburtstag. Der Stadtchef wurde von der Ortsvorsteherin der Kernstadt, Sigi Wolf (rechts), und Magret Wolf begleitet, die Glückwünsche des Arbeitskreises älterer Mitbürger überbrachte.

Er hat den Menschen über den (Elzer) Berg geholfen

Pater Bleuel (95) ist sein ganzes Leben für andere da

Pater Fridolin Bleuel feierte am 8. März seinen 95. Geburtstag. Er ist der älteste im Limburger Missionshaus der Pallottiner lebende Bewohner. Bis auf seine Gehbehinderung, die er dank eines Rollstuhls meistert, ist der Senior rüstig geblieben. Im Gegensatz zu vielen seiner Mitbrüder stand er häufig im Blickpunkt der Öffentlichkeit; denn Bleuel ist der Initiator für die Tempobeschränkung und die spätere Radarüberwachung auf dem „Elzer Berg“ der A3, dem einst unfallträchtigsten Autobahnabschnitt im Bundesgebiet.

1962 kam Pater Bleuel zum St. Vincenz-Krankenhaus, wo er den Dienst des Krankenhauspfarrers zunächst vertretungsweise und von April 1968 bis November 1990 hauptamtlich versah. Ungezählten leidenden Menschen war der rastlose Seelsorger ein Trost. Er stand Patienten und Angehörigen in schwierigen Stunden zur Seite, bereitete Sterbende auf ihren letzten Weg vor und begleitete sie in den Tod. Von Juli 1975 bis November 1990 war Bleuel außerdem stellvertretender Dekan im Dekanat Limburg-Diez.

Ökumenische Initiative: Keine Verkehrstoten mehr!
In seiner Sorge um das Wohl der Menschen war der Pater schon vom ersten Tag seiner Tätigkeit mit den Unfallopfern vom Elzer Berg konfrontiert. „Es gab Jahre, da ereigneten sich auf dem berüchtigten Gefällstück über 300 Verkehrsunfälle mit bis zu acht Todesopfern. Allein von 1964 bis 1979 starben dort 55 Menschen, zumeist waren es Ausländer“, erinnert sich der betagte Geistliche. Zwar sank mit dem dreispurigen Ausbau 1970 die Zahl der Unfälle, aber nicht die der Todesopfer.

Fridolin Bleuel und sein damaliger evangelischer Amtsbruder Reinhard Brückner von der Limburger Kirchengemeinde schrieben frühzeitig an den hessischen Verkehrsminister und die Abgeordneten in der Region, dass es so nicht weitergehen könne und machten Vorschläge zur Entschärfung der fünf Kilometer langen Gefahrenstrecke. Bleuel wurde nicht müde, harte Bretter zu bohren. „Ich war auf Tagungen in Berlin und Bozen, bin der für Verkehrsfragen zuständigen Landesarbeitsgemeinschaft der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck beigetreten“, berichtet er, der auch im Beirat der Verkehrswacht mit zahlreichen Veröffentlichungen tätig wurde und hervorhebt: „Die ökumenische Arbeit ist für mich eine Selbstverständlichkeit.“

Noch heute schüttelt er den Kopf, wenn er die Antwort des damaligen Verkehrsministers Rudi Arndt nachliest, der als Ursache für die vielen schweren Unfälle „die Schönheit der Landschaft“ ausmachte, „die die Fahrer zur Unaufmerksamkeit verführt“. Schließlich war das Anliegen im hessischen Landtag zur Sprache gekommen. „Der ganze Berg dort ist der Elzer Berg“, sagt Bleuel und zeigt in seinem Arbeitszimmer auf eine beachtliche Anhäufung von Akten.

Unter Verkehrsminister Heinz Herbert Karry, der ein Dankschreiben an die Initiatoren verfasste, wurde die ersehnte Beschilderung installiert. Bleuel: „Als die Schilder da waren, hatten wir im folgenden Winter nicht einen einzigen Unfall gehabt.“ Im April 1972 kamen die Schilderbrücken, im folgenden Jahr die stationären Radaranlagen.

Helfer ohne Blaulicht
Und noch ein Zweites hat der Krankenhauspfarrer bewirkt. Er war Mitgründer der „Aktion Unfallhilfe“. Sie bestand aus hundert Freiwilligen, die sich um Unfallopfer und deren Angehörige kümmerten. „Die Polizei hat mich benachrichtigt und ich habe die Leute eingesetzt. In meiner Liste standen auch ein Amtsarzt, Abschleppdienste und Dolmetscher. Wir hätten bei Bedarf 30 Kinder gleichzeitig aufnehmen können“, weiß er noch und fügt hinzu: „Wir verstanden uns als Helfer ohne Blaulicht und Martinshorn.“

Ich war Krankenhausseelsorger
Pater Bleuels Arbeit war nur möglich, weil er damals im St. Vincenz-Krankenhaus wohnte, wo er neben den Ärzten eine der bekanntesten „Bediensteten“ war. Dort konnte er rund um die Uhr für Patienten, Pflegepersonal und Ärzte in Rufbereitschaft sein; denn auch sie brauchten hin und wieder einen einfühlsamen Gesprächspartner und Begleiter. Dabei hat Bleuel ein ganzes Stück Krankenhausgeschichte mitgeschrieben, vom „alten Vincenz“ am Roßmarkt über das Hildegardis-Krankenhaus auf dem Schafsberg, aus dem sich das heutige St. Vincenz-Krankenhaus entwickelt hat.

„Ich hatte ein kleines Studio. Von dort aus konnte ich in die Kopfhörer zu den Patienten auf die Stationen sprechen“, berichtet der Seelsorger und weiß aus Erfahrung: „Auch in Koma liegende Patienten wollen angesprochen werden. Im Vergleich zu heute waren damals viele Menschen in den Gottesdiensten. Einmal hatte ich an einem Samstag und Sonntag 148 Teilnehmer bei der Kommunion.“

Ich war Steinmetz
Fridolin Bleuel kam am 8. März 1924 in Steinhaus bei Fulda zur Welt und wuchs mit einem älteren Bruder und drei jüngeren Schwestern auf. Im Betrieb seines Vaters, der den Beruf des Steinbildhauers und Architekten ausübte, erlernte Fridolin das Steinmetz-Handwerk. 1942 wurde er zum Reichsarbeitsdienst zur Luftwaffe in Russland, 1943 als Soldat in den Krieg eingezogen, aus dem er zwei Jahre später nach schwerer Krankheit und Verwundung (Amputation des rechten Unterschenkels) entlassen wurde.

Ich war Lehrer und Beichtvater
Seine erste Begegnung mit den Pallottinern hatte er 1946 durch Pater Georg Fischer, der mit der Seelsorge in der Pfarrei Steinhaus beauftragt und mit seiner Familie befreundet war. „Durch ihn erfuhr ich vom Bischof-Vieter-Kolleg, einer in Limburg neu gegründeten Hochschule der Pallottiner, um Spätberufenen einen Weg zum Studium und zum Priestertum zu eröffnen.“ 1949 bestand Bleuel sein Abitur an der Tilemannschule, schloss ein Studium an der Theologischen Hochschule in Vallendar an und wurde 1956 zum Priester geweiht. Am 22. Juli 2016 feierte er sein Diamantenes Priesterjubiläum nach 60 Jahren.

Acht Jahre unterrichtete der Pater am Bischof-Vieter-Kolleg Mathematik, Physik und Chemie, später auch Biologie, 24 Jahre gab er Ethikunterricht an der Limburger Krankenpflegeschule. Er war geistlicher Beirat der Caritasschwesternschaft der Diözesen Mainz, Fulda und Limburg, zehn Jahre Mitglied des Bezirkssynodalrats, hielt sonntägliche Gottesdienste auch im Krankenhaus Diez und war unter anderem Beichtvater für die Dernbacher Schwestern, um nur einige seiner vielfältigen Aufgaben zu nennen.

Als der Pater 1990 im Rentenalter das St. Vincenz-Krankenhaus verließ, war für ihn noch lange nicht Schluss. In den folgenden zwei Jahrzehnten setzte er die Seelsorge am Frankfurter St. Katharinen-Krankenhaus fort. Bleuel, der seine Berufung weit über vier Jahrzehnte in den beiden Krankenhäusern lebte und auf etliche Dankschreiben verweisen kann, stellt heute fest: „Gerade die Seelsorge ist im Krankenhaus eine der wichtigsten Aufgaben“ und bedauert: „Die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft hat sehr nachgelassen; sei es im Krankenhaus oder auch im Verhalten bei Verkehrsunfällen.“

Ich habe verkündigt: Gott ist die Liebe
Trotz seiner körperlichen Einschränkung waren ihm Wanderungen vergönnt, die ihn unter anderem in die Dolomiten führten. Nach einer Bandscheibenoperation musste er 86-Jährig seine seelsorgerische Arbeit beenden. Heute beobachtet er aus dem Rollstuhl heraus das Zeitgeschehen mit wachem Geist und blickt auf ein erfülltes Leben zurück, wenn er sagt: „Meine Aufgabe habe ich darin gesehen, Menschen zu begleiten, damit sie erkennen, dass Gott die Liebe ist.“

 

Texte und Bilder: Dieter Fluck, Limburg
Foto XY: Gudellaphoto Adobe Stock

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